BACHES - Ein Erfahrungsbericht

Sebastian Heß, Frankfurt

updated: 10.05.2015

Soll es ein Echelle - Spektrograph werden?

Ein Echelle Spektrograph ist einem Spaltspektrographen in vielerlei Hinsicht überlegen. Die extremen Energieauflösungen solcher Geräte bei gleichzeitiger Abdeckung des gesamten Wellenlängenbereichs sind beeindruckend und geben dem engagierten Amateurastronomen ein äußerst mächtiges und flexibles Instrument in die Hand. Es werden Beobachtungen ermöglicht, die noch vor wenigen Jahren fest in der Hand von Profis waren. Dies gilt auch und gerade für den BACHES Spektrographen, bei dem es sich um ein robustes, aus jahrzehnterlanger Erfahrung professioneller Astronomen des MPE und der ESO in Garching mit Freude, auch an der Amateuraspektroskopie, entwickeltes Gerät handelt.

Roter Riese (α Tau) mit zahlreichen Linien vor den BACHES Echellespektrographen [Höhere Aufösung 3352 x 2130 (3.4MB)

Ein Echelle - Spektrograph ist aber auch ein ungleich komplexeres Instrument als ein Spaltspektrograph. Dies wird bereits bei einem flüchtigen Blick auf das 2D Bild des Spektrums klar: Alle beschriebenen Eigenschaften erkauft man sich durch neue Herausforderungen, die auf die Verteilung des einfallendes Lichtes auf die unterschiedlichen Beugungsordnungen des Echelle - Gitters zurückzuführen sind. Diese sind unterschiedlich ausgeleuchtet und verbogen. Ohne geeignete Software keine vernünftige Auswertung der Spektren.

Obwohl einiges an auch auf Amateurastronomen zugeschnittener Software auf dem Markt zu finden ist, besitzen doch viele Produkte entweder nur rudimentäre oder gar keine Echelle Auswerteroutinen, oder sind auf spezielle Spektrographen eines Anbieters zugeschnitten. Gut, dass die Entwickler des BACHES bereits komplette Auswertepipelines für die professionelle Auswertesoftware der Europäischen Südsternwarte "MIDAS" mitliefern. Obwohl die übliche Lernkurve der traditionellen Software der europäischen Astronomen recht flach ist, ist ein einigermaßen zügiger Einstieg bei Befolgung der mitgelieferten und ausführlichen Anleitung möglich.

BACHES - ein erster Eindruck

Der BACHES Echellespektrograph, montiert am C8 des Verfassers

Der BACHES und seine Remote Control Kalibrationseinheit kommen in stabilen und praxistauglichen Outdoor - Koffern von B&W. Ausgepackt besitzt der BACHES von außen aufgrund seiner weißen Farbe ein ähnliches Look and Feel wie der DADOS Spaltspektrograph. Durch seine anders geartete Geometrie liegt der Teleskopanschluss jedoch seitlich zum Körper des Spekrographen, was sich übrigens sehr positiv auf den Hebelarm auswirkt. Zudem liegen Kamera und Hauptteil des Körpers des BACHES einander gegenüber, so dass sie sich gegenseitig ausbalancieren können.

Bei der hohen Energieauflösung und komplexen Lage der einzelnen Ordnungen gestaltet sich bei einem Echelle Spektrographen die Wahl geeigneter Kalibrationslampen schwierig. Selbst bei der Exoplanetensuche greifen die Profis jedoch inzwischen auf Thorium - Argon Lampen zurück, deren Linienvielfalt schier atemberaubend ist. Der BACHES wird optional mit einer solchen Thorium - Argon Lampe ausgeliefert. Ihr Licht wird entweder direkt mit der Lampe am Gerät eingekoppelt oder noch bequemer mit der Remote Calibration Unit über eine elektromagnetische Einkopplungsvorrichtung und Glasfaserkabel. Gerade bei Hochpräzissionsaufnahmen eine sehr elegante Möglichkeit, vor - während - und nach den Objektaufnahmen ohne Gefummel am Gerät oder Abnahme vom Teleskop, zu kalibrieren. Ein deutlicher Vorteil gegenüber Spektrographen die eine solche Einrichtung nicht vorsehen.

Die Thorium / Argon Lampe liefert zahlreiche Linien für eine genau Kalibration [Höhere Aufösung 3352 x 2532 (8.7MB)]

Im Praxistest

Der BACHES bestizt am Eingangsbereich einen Spiegel mit zwei unterschiedlich breiten Spalten, der das Bild des Objektes seitlich reflektiert. Hier kann die Guiding CCD angesetzt werden. Da der Bildausschnitt auf dem Guiding CCD selbst bei minimialer Einstellung recht klein ist, ist zur Objektfindung ein extra Fokussierokular zu empfehlen, welches temporär die Guidingkamera ersetzt. Ein Flipmirror ist in diesem Fall aufgrund des großen Hebels und mangelnder Reproduzierbarkeit der Spiegelposition keine wirklich geeignete Alternative. Eine vernünftige Montierung schadet bei notwendigen Genauigkeit zur Positionierung auf dem Spalt ebenfalls nicht. Sehr praktisch ist die rote Hintergrundbeleuchtung des Spaltes, die bei einem der ersten Serientypen des BACHES allerdings noch ein wenig unter Wackelkontakten litt.

Hellere Sterne können innerhalb von wenigen Minuten mit vernünftigem S/N Verhältnis aufgenommen werden. Man muss sich dabei immer wieder vor Augen führem, über welchen großen Wellenlängenbereich das Licht auf dem CCD tatsächlich verteilt wird. Bereits auf dem 2D Bild überraschen (linienintensivere) Sternspektren mit einer Linienvielfalt, die man selbst durch Schluß von weniger aufgelösten Spektren auf höheraufgelöste einfach nicht erwartet hätte. Achtung: Verwechslungsgefahr mit Rauschen - das sind echte Linien!

Oben: Aus den einzelnen Echellebeugungsordnungen zusammengesetztes 1D Spektrum von α Tau
Mitte: Das effizienzkorrigierte Spektrum glättet die Beugungsordungen. Das Maximum erwartungsgemäß im Roten
Unten: Der Zoom auf das Natrium Dublett zeigt, dass das schwarze Band aus hunderte echter Linien, nicht Rauschen gebildet wird

Zahlreiche Spektrographen setzen im Gegensatz zum BACHES auf ein Glasfaserkabel um das Licht dem Spektrographen an geeigneter mechanisch und temperaturstabiler Position zuzuführen. Die Vorteile dieser Methode liegen auf der Hand. Allerdings käuft man sich auch hier Probleme ein. So ist die Einkopplung bei weitem nicht trivial und - will man es richtig machen - auch recht kostspielig. Da auch im besten Fall die Effizienz des Systems um einen nicht zu vernachlässigenden Anteil reduziert. Nach zweieinhalb Stunden Nachführung auf Beta Aurigae und einer Winkeländerung von über 30 Grad, ließ sich jedenfalls nur eine Änderung im 9micron Pixelbereich nachweisen. Mit welchen Tricks im Inneren des BACHES trotz der ohne Frage auftauchenden mechanischen Verformungen diese Stabilit&auuml;t erreicht wurde, bleibt wohl das Geheimnis der Entwickler, die ein Öffnen des Gerätes nicht gestatten. Für alle extremen Projekte liefert die Thorium-Argon Remote Calibration Unit die Möglichkeit der permanenten Kalibration.

Die Auswertung

... ist recht komplex - und: zunächt muß MIDAS installiert werden. Hilfreich sind dabei vorgefertigte Linux Kompilationen wie Cygwin/X für Windows. über das Installationstool muss dann noch xwin ausgewählt und installiert werden, sowie eine vom ftp server der Europäischen Südsternwarte geladene, Windows fähige MIDAS Distribution entpackt werden. Alternativ hilft natürlich auch die Verwendung der auf USB Stick mitgelieferten Software, obwohl ... selbst gemacht ist ja immer schöner ;-)

Zur Kalibration hilft es den Anweisungen der mitgelieferten Anleitung exakt zu folgen. An dieser Stelle dennoch kurz zusammengefasst: Es müssen zwei der, zusammen mit allen anderen, ebenfalls im Arbeitsordner zusammen mit den Flat und Thorium-Argon und Objektspektren abgelegten .prg Dateien gestartet werden.

inmidas
(startet MIDAS)

@@ baches_calib.prg flat.fit thar.fit ? 20 30
(findet und fittet 20 Ordnungen von 30 Pixeln Spalthöhe und kalibriert das Thorium-Argon Spektrum)

@@ baches_pipeline.prg object.fit
(kalibriert das Objektspektrum anhand der vorher gefundenen Parameter )

Ein paar Tips, damit es auf Anhieb "läuft":
- Die Länge des Spalts muss je nach verwendeter Kamera vorher genau überprüft und angepasst werden.
- Eine zu kurze, aber auch eine zu lange Belichtungszeit ohne weitere Anpassung des Thresholds kann zu Problemen bei der Erkennung führen.
- In der Kombination mit der Sbig ST8300M ohne Binning habe ich bei sowohl für das Halogenlampen Flatfield als auch für das Thorium-Argon Spektrum mit 30 Sekunden gute Erfahrungen gemacht. Auch kann es helfen, hier ein wenig mit dem Threshold zu "spielen".
- Die Fenster für die Thorium-Argon Kalibration mit den Pfeiltasten in der Größe anpassen lassen und die rechte Maustaste als "exit"-Button nach der Eingabe fungiert.
- Die exakten Schritte, auch bei den sich öffnenden Fenstern entnehme man der detaillierten Anleitung von Bernd Koch.

Beispiele

Der spektroskopische Doppestern β Aur zu verschiedenen Phasen. Der gesamte Film überdeckt einen Zeitraum von nur 6 Stunden.

Eines der ersten Objekte mit dem Baches ist eine Serienaufnahme des spektroskopischen Doppelsternsystems Beta Aurigae, den ich in der Vergangenheit bereits mit dem DADOS aufgenommen hatte. Ohne großen Aufwand konnte aus mehreren 5 minütigen Aufnahmen ein Film erstellt werden, der die Evolution in den zueinander dopplerverschobenen H beta Linien der umkreisenden Sterne zeigt. Diese wurde zur leichten Erkennung im obigen Film ein wenig vergrößert.

Stehen beide Sterne senkrecht zur Beobachtungslinie, kommt einer von beiden mit maximaler Geschwindigkeit auf uns zu, während sich der andere sich mit maximaler Geschwindigkeit entlang der Sichtlinie entfernt. Durch Stauchung bzw. Streckung der Wellenlängen (Dopplerverschiebung) sind zu diesem Augenblick beide Linien maximal rot- bzw. blau verschoben. Bereits wenige Stunden später liegt die Bewegungsrichtung der beiden Komponenten fast senkrecht zur Beobachtungsrichtung. Daher gibt es auch nur noch eine kaum spektroskopisch nachweisebare Dopplerverschiebung, sodass auch der Unterschied zwischen den auf beiden Sternen entstandenen Linien schwindet.

Swan Banden in der Kerzenflamme: Ausgestattet mit einem Objektiv, eignet sich der BACHES auch für Spektrographie terrestrischer Lichtquellen. Auf eine Kerzenflamme ausgerichtet wird nach insgesamt vier zweiminütigen Aufnahmen die Ursache des blauen Leuchtens am Flammenansatz sichtbar: Es handelt sich um die sogenannten (Swan-)Molekülbanden, benannt nach William Swan, der 1856 als erster die Verbrennung von Kohlenwasserstoffen spektroskopisch untersuchte. Der Ursprung des quantisierten Leuchtens in Form der Vibrationsbanden des C2 blieb allerdings noch eine Weile - bis 1927 - verborgen. Erst dann war klar, dass es sich nicht etwa um das CH Molekül oder andere Verbrennungsprodukte handelt.

Am Himmel sehen wir diese Banden übrigens in Kohlenstoffsternen und im grünblauen Leuchten von Kometen. Das kontinuierliche Spektrum stammt von der über die Integrationszeit langsam hinabwandernde gelbe Flamme, bestehend aus dem Schwarzkörperspektrum der nicht vollständig verbrannten Rußteilchen. Nicht zu vernachlässigen an der Kerzenflamme ist auch der Anteil des Natrium - Dubletts. Durch das hohe Auflösungsvermögen des Baches sehr gut getrennt sichtbar.

Ein weiterer Klassiker für hochauflösende Spektrographen gelang als "Abfallprodukt" während; der Aufnahme einer hochaufl&oum;senden Neuauflage Spekralklassifikation, während der Jupiter verlockend hoch im Süden stand. Durch Jupiters Eigenrotation kommt es entlang des Äquators zur einer sich kontinuierlich von Blau nach Rot verlagernden Dopplerverschiebung, welche die Absorbtionslinien "kippen" lässt. Im Vergleich dazu liegen die Linien des des am umittelbar neben Jupiter stehenden Mondes reflektierten Sonnenlichts (links und rechts daneben gelegt), gerade.

Die Zentren der Linien der beiden gegenüberliegenden Ränder des Jupiters liegen 14 Pixel außeinander, etwa 2 Pixel gestehe ich mir als Messfehler ein. Mit der vereinfachten Dopplerformel Δλ / λ0 * c = v ergibt sich bei einem Abstand der Na D - Dublett Linien von 82 Pixeln ± 2 für 0,597 nm eine Differenzgeschwindigkeit beider Seiten zueinander von 51,9 km/s ± 7,4. Die Absolutgeschwindigkeit einer einzigen Planetenflanke beträgt demnach die Hälfte. Zudem wirkt sich der Dopplereffekt ebenfalls doppelt, nämlich bei Absorbtion und Emmission aus. Zur Gewinnung eines realistischen Wertes muss unser Wert erneut halbiert werden - insgesamt also geviertelt. Damit ergibt sich ein Messwert von 13,0 km/s ± 1,9. Der Literaturwert liegt bei 12,6 km/s.

Vergleich mit der Konkurrenz

Im Folgenden werden die Datenblätter der beiden direkten Konkurrenten der Firmen Baader-Planetarium und Shelyak Instruments miteinander verglichen. Auch wenn der hier vorliegende Vergleich bei allem nicht Daten und "Metadaten" erfasst, gibt er doch einen ersten, sinnvollen Vergleich. Machen Sie sich selbst ein Bild.

Gerät

Typ

Auflösung Δλ/λ

Faser

Faser Kalib.

Geräte- /Komplettpreis

BACHES

Echelle (kompl. Spektrum)

R~18000

nein

ja

~7000 / ~12000 Eur (?)

eShel

Echelle (kompl. Spektrum)

R>10000

ja

ja

8000 / 15274 Eur

DADOS

Spalt (Ausschnitt)

R=3818

nein

nein

1845 / 2212 Eur

Lhires III

Spalt (Ausschnitt)

R~17000

nein

interne Lampe

3150 / ~3500 Eur

Fazit

Es lässt sich festhalten, dass man für sein Geld einen robusten Echelle Spektrographen zu einem sicherlich vernünftigen Preis / Leistungsverhältnis erhält, der dem engagierten Amateurastronom beeindruckende Möglichkeiten eröffnet, die auch der Autor in den nächsten Wochen und Monaten gezielt ausloten wird. Wer "mit den großen Jungs spielen möchte", fährt mit dem BACHES sicher nicht verkehrt. Wie bei allen Echelle Spektrographen muss man sich jedoch mit der Komplexität des Gesamtsystems anfreunden. Für Einsteiger kann daher ein Spaltspektrograph durchaus sinnvoller sein. Gibt man sich mit den Kompromissen eines Spaltspektrographen nicht zufrieden, kommt man nicht daran vorbei, den BACHES ernsthaft in Erwägung zu ziehen.




Copyright 2015 Sebastian Hess